Im August 2020 hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats die Motion 20.3936 «Medikamentenpreise. Für eine Kostendämpfung dank Beseitigung negativer Anreize unter Aufrechterhaltung von Qualität und Versorgungssicherheit» eingereicht. Der Bundesrat wird darin beauftragt, die Vertriebsanteile bei den Arzneimitteln gemäss Art. 38 KLV im Einvernehmen mit den betroffenen Leistungserbringern so zu revidieren, dass sie effektiv die Vertriebskosten abdecken. Diese Revision soll durch einen vom Fabrikabgabepreis unabhängigen Fixanteil erfolgen und dabei weder höhere Kosten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) noch unberechtigte Kürzungen bei den verfügbaren Mitteln für die Gewährleistung einer hochqualitativen medizinischen Grundversorgung verursachen. Die tiefpreisigen Arzneimittel sollten durch die Neuausgestaltung des Vertriebsanteils keine schwer akzeptable Erhöhung erfahren.
2018 hat das Eidgenössische Departement des Inneren EDI zwei konkrete Varianten für die Anpassung des Vertriebsanteils in die Vernehmlassung geschickt. Die Vernehmlassungsantworten waren praktisch von allen Stakeholdern durchwegs negativ. Im Gegenzug haben die FMH und die Ärzte mit Patientenapotheke (APA) mit dem Krankenversicherungsverband curafutura (und SWICA) sowie dem Apothekerverband pharmaSuisse bereits vor Monaten Verhandlungen für ein eigenes, motionskonformes Umlagemodell aufgenommen, das sie dem EDI vorgestellt haben.
In der Zwischenzeit hat Bundesrat Alain Berset die Akteure zu einem Runden Tisch eingeladen. Gemäss Berset muss in den nächsten Wochen gemeinsam mit allen betroffenen Tarifpartnern eine neue Abgeltung für Arzneimittel ausgearbeitet werden. Der Bundesrat möchte dabei die Forderungen der Motion (vom Fabrikabgabepreis unabhängige Vertriebsanteile und keine signifikante Verteuerung der tiefpreisigen Arzneimittel) erfüllen können sowie ebenfalls geforderte Einsparungen beim Vertriebsanteil fair zwischen den verschiedenen Kanälen aufteilen.
Noch vor den Sommerferien soll es zwischen dem EDI und den Tarifpartnern zu drei weiteren Treffen kommen. Parallel dazu hat der Bundesrat die Vernehmlassung zu den Arzneimittelmassnahmen gestartet. Mit der Revision der Verordnung über die Krankenversicherung KVV sowie der Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung KLV sollen unter anderem Massnahmen zur Kostendämpfung im Bereich der OKP umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang soll als Basis für die Berechnung des Vertriebsanteils wirkstoffgleicher Arzneimittel neu das durchschnittliche Generikapreisniveau resp. das Biosimilars-Preisniveau gelten. Die Vertriebsanteile wirkstoffgleicher Arzneimittel sollen so vereinheitlicht werden. Die Vernehmlassungsfrist läuft bis am 30. September 2022. Diese Parallelität der Vernehmlassung zu den wirkstoffgleichen Arzneimitteln und der Auftrag an die Arbeitsgruppe ist aber sicher nicht kompatibel und zielführend, so dass die Auswirkungen dieser Massnahmen zur Zeit nicht abzuschätzen sind.
Aktuell laufen die Arbeiten am tripartiten Vorschlag weiter. Die FMH und die APA werden sich aber auch im Rahmen der Gespräche mit dem EDI weiterhin für eine sachgerechte Entschädigung der ärztlichen Arzneimittelabgabe einsetzen.