Zur Stärkung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit medizinischer Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung hat das Parlament 2019 die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) verabschiedet. Dieses sowie die dazugehörende Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) ist seit dem 1. April 2021 in Kraft.
Mit der neuen gesetzlichen Grundlage wurden finanzielle und strukturelle Instrumente geschaffen, um die Qualität im Schweizer Gesundheitswesen koordiniert weiterzuentwickeln:
Gemäss dem revidierten Artikel zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit müssen die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer gesamtschweizerisch geltende Qualitätsverträge abschliessen (Art. 58a KVG). Diese hätten dem Bundesrat ein Jahr nach Inkraftsetzung, also bis zum 1. April 2022, zur Genehmigung vorgelegt werden sollen, ansonsten kann der Bundesrat subsidiär eingreifen.
In den Qualitätsverträgen ist Folgendes zu regeln:
Die FMH hat mit santésuisse und curafutura für den praxis-ambulanten Bereich die entsprechenden vertraglichen und konzeptionellen Grundlagen erarbeitet. Basis dafür bildete das Pilotprojekt «Veröffentlichung der Qualitätsaktivitäten der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte».
Die Delegiertenversammlung der FMH hat am 2. Februar den verhandelten Vertrag und das dazugehörige Konzept für den praxis-ambulanten Bereich ohne Gegenstimmen genehmigt. Aufgrund der kurzfristig geänderten Spielregeln durch den Bundesrat wurde ein Abschluss der Vertragsverhandlungen bzw. eine fristgerechte Einreichung der Verträge beim Bundesrat verunmöglicht, respektive massgeblich verzögert.
Die in der Ärztekammer vertretenen Organisationen werden über die bestehenden Gremien und Arbeitsgruppen in die Erarbeitung des Qualitätsvertrags eingebunden.
Für den stationären Bereich erarbeitet H+ gemeinsam mit den Versicherungsverbänden ebenfalls einen Qualitätsvertrag:
Seit 2013 erhebt die SAQM mit der Inventarerhebung jährlich die Qualitätsaktivitäten der Schweizerischen Ärzteorganisationen. Ziel ist, innerhalb der Ärzteschaft Synergien und vorhandenes Knowhow optimal zu nutzen und mit dieser Datengrundlage Transparenz zu den Qualitätsaktivitäten zu schaffen.
Die SAQM verfügt durch die langjährige durchgeführte Inventarerhebung über eine wichtige Datengrundlage zu den jeweils aktuellen entwickelten, empfohlenen sowie in naher Zukunft vorgesehenen Aktivitäten in der ärztlichen Qualitätssicherung und -entwicklung. Die Inventarerhebung zeigt die Schwerpunktsetzung in der Qualitätsarbeit von Fachgesellschaften und kantonalen Ärzteorganisationen auf und dank der langjährigen Durchführung geben längsschnittliche Analysen Einblicke in die Entwicklung der Qualitätsaktivitäten.
Im Rahmen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) hat der Bundesrat am 1. April 2021 die eidgenössische Qualitätskommission (EQK) eingesetzt. Die 15 Mitglieder der unabhängige ausserparlamentarische Expertenkommission beraten den Bundesrat, die Kantone, die Versicherer und die Leistungserbringer bezüglich Qualitätsentwicklung. Weiter setzt die eidgenösse Qualitätskommission die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel ein, um Dritte zu beauftragen, Programme oder systematische Studien zur Qualitätsentwicklung durchzuführen oder Qualitätsindikatoren zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln.
Dr. med. Christoph Bosshard, Vizepräsident der FMH und Departementsverantwortlicher Daten, Demographie und Qualität (DDQ) ist als Vertreter der Ärzteschaft Mitglied der eidgenössischen Qualitätskommission.
Die EQK kann zur Unterstützung von nationalen oder regionalen Projekten zur Qualitätsentwicklung Finanzhilfen gewähren. Der Prozess für die Gewährung von Finanzhilfen beinhaltet folgende Schritte:
Eingabefristen für die Einreichung von Gesuchen um Finanzhilfe sind jeweils der
28. Februar und der 31. August.
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Eidgenössische Qualitätskommission (EQK) Dritte damit beauftragen, nationale Programme zur Qualitätsentwicklung umzusetzen, Studien durchzuführen oder neue Qualitätsindikatoren zu erarbeiten und die bestehenden weiterzuentwickeln.
Die Abgeltungen werden von der Eidgenössischen Qualitätskommission auf Gesuch hin mittels Globalbeiträgen gestützt auf Leistungsvereinbarungen gewährt.
Die Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin der FMH (SAQM), santésuisse und curafutura haben in den Jahren 2019 und 2020 im Rahmen der «Arbeitsgruppe Qualität FMH/Versicherer» (AGQ FMH/Versicherer) das Pilotprojekt «Veröffentlichung der Qualitätsaktivitäten der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte» umgesetzt.
Folgende Ärzteorganisationen haben daran teilgenommen:
Sechs Pilot-Fachgesellschaften haben für ihren Bereich in Absprache mit den Versicherern jeweils drei bis fünf Qualitätsaktivitäten definiert, mit welchen sie die Qualität in der Patientenversorgung weiterentwickeln wollen. Sie haben ausserdem einen Prozess zur Überprüfung der Qualitätsaktivitäten definiert und diesen versuchsweise implementiert.
Rund 3300 ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte haben in einer Befragung im Sommer und Herbst 2020 angegeben, welche der empfohlenen Qualitätsaktivitäten sie umsetzen. Ihre Angaben wurden auf www.doctorfmh.ch veröffentlicht, um bezüglich Qualität Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik und den Versicherern zu schaffen.
Lange zielte die Patientensicherheitsbewegung primär auf den stationären Bereich. Aktivitäten im ambulanten Sektor sind noch nicht in der Fläche verankert. Um dem Thema im ambulanten Bereich Gewicht zu verleihen, haben FMH und Patientensicherheit Schweiz Materialien für ambulante Praxen entwickelt. Sie dienen der Vermittlung von Wissen und Diskussion grundlegender Patientensicherheitsthemen.
Wenn Patientinnen und Patienten Kontakt mit einer Arztpraxis aufnehmen, ist die Telefon-Triage in Bezug auf die Patientensicherheit ein wichtiger Hot-Spot. Dies hat eine Studie der Stiftung Patientensicherheit Schweiz ergeben. Nicht selten kommt es zu einer Fehleinschätzung der Dringlichkeit des Patientenanliegens. Eine solche Fehleinschätzung kann für die betroffenen Patientinnen und Patienten mit ernstzunehmenden Folgen verbunden sein.
Obwohl die allermeisten Patientinnen und Patienten für den ersten Versorgungskontakt zum Telefon greifen, liegen in der Schweiz kaum Erkenntnisse über die Sicherheit der Telefon-Triage in der Grundversorgung vor. Die Stiftung für Patientensicherheit hat deshalb mit dem Projekt «Sicherheit der Telefon-Triage in der Grundversorgung» die Risiken für die Patientensicherheit konkretisiert und praxisorientierte Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Im Rahmen des Projekts hat die Stiftung einen Leitfaden für Hausarztpraxen entwickelt. Er hilft, Strukturen und Rahmenbedingungen rund um die Telefon-Triage und deren Auswirkungen auf die Patientensicherheit zu beleuchten.
Das Projekt ist massgeblich durch die FMH finanziert.
Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (MoMo) sind ein in Spitälern verbreitetes Gefäss des individuellen und organisationalen Lernens. Typischerweise werden darin Komplikationen, ungewöhnliche Verläufe und unerwartete Todesfälle aufgearbeitet. Um die sogenannten MoMo in der Schweiz als Instrument zur Förderung der Patientensicherheit zu stärken, haben Patientensicherheit Schweiz und die FMH ein Projekt lanciert. Mit der Unterstützung zahlreicher Chefärztinnen und Chefärzte konnten in einer ersten Projektphase 2017 der aktuelle Umsetzungsstand der MoMo in der Schweiz und allfällige Bedürfnisse für eine Weiterentwicklung erfasst werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen hat Patientensicherheit Schweiz mit der finanziellen und ideellen Unterstützung der FMH Hilfsmittel entwickelt, die Fachpersonen künftig bei ihren MoMo-Konferenzen unterstützen sollen.
Da Patientensicherheit in der Versorgung psychisch erkrankter Menschen nach wie vor ein vernachlässigtes Thema ist, hat die Stiftung Patientensicherheit Schweiz 2015 das massgeblich von der FMH finanzierte Projekt «Patientensicherheit in der psychiatrischen Versorgung – Bestandsaufnahme und Aktionsplan» durchgeführt. Übergeordnetes Ziel war es, das Thema für die Schweiz praxisbezogen, interdisziplinär und sektorenübergreifend aufzuarbeiten, die Sensibilisierung für dieses Thema schweizweit zu erhöhen und den dringlichen Handlungsbedarf aufzuzeigen. Unter Berücksichtigung bereits vorhandener Aktivitäten und Projekte wurde ein Aktionsplan für die Bereiche Forschung, Praxis sowie Aus- und Weiterbildung erarbeitet. Der Aktionsplan zeigt auf, wie nächste Schritte zur Verbesserung der Patientensicherheit in der psychiatrischen Versorgung in den nächsten Jahren aussehen müssen.
Um Wirkung zu erzielen, wurde der Aktionsplan 2016 unterstützt durch die FMH verbreitet. Ziel war es, den Aktionsplan schweizweit bei wichtigen Berufsverbänden, Fachgesellschaften und Weiterbildungsorganen bekannt zu machen und so für das Thema zu sensibilisieren. Der Aktionsplan steht heute auf der Website von Patientensicherheit Schweiz zur Verfügung.
Das ausnahmslose und komplette Durcharbeiten einer dreiteiligen chirurgischen Checkliste hilft, Fehler im Operationssaal zu vermeiden oder rechtzeitig aufzufangen. Von 2013 bis 2015 hat die Stiftung Patientensicherheit Schweiz in Spitälern ein entsprechendes Pilotprogramm mit dem Titel «progress! Sichere Chirurgie» durchgeführt.
Eine Follow-up-Erhebung zum Pilotprogramm hat gezeigt, dass die Checkliste heute vermehrt, jedoch noch nicht flächendeckend eingesetzt wird. Um den Einsatz der Checkliste einzufordern, haben bedeutende Schweizer Gesundheitsorganisationen in einer Charta die Checkliste zur Norm in Schweizer Operationssälen erklärt. Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz fordert weitere Organisationen und Einzelpersonen auf, die Erklärung mitzutragen.
Die FMH / SAQM unterstützt die Erklärung.
Zwischenfälle und medizinische Fehler beeinflussen und belasten das berufliche und gesundheitliche Wohlbefinden von Ärztinnen und Ärzten erheblich. Das von der Stiftung Patientensicherheit Schweiz durchgeführte und von der FMH massgeblich mitfinanzierte Projekt «Täter als Opfer» hatte zum Ziel, die ärztlichen Mitarbeitenden im Umgang mit Zwischenfällen zu unterstützen und die Kommunikations- und Sicherheitskultur in der Medizin zu fördern. Die Ergebnisse des Projekts hat die Stiftung Patientensicherheit Schweiz in Form von verschiedenen Informationsbroschüren publiziert, inklusive Empfehlungen. Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz führt zudem Weiterbildungen zum Thema durch.